Das Trennungsjahr ist endlich vorbei. Meine Scheidung und damit die angepeilte Ehe mit Eva rücken in greifbare Nähe. An einem kalten Februartag ist es soweit: wir haben unseren Scheidungstermin am Familiengericht Hamburg. Ich erscheine allein, Sylvi mit ihrem Rechtsbeistand.
Gebohnerte Flure, kein Parkplatz, eine ungesund klinische Atmosphäre - nicht gerade einladend. Wenigstens ist die Familienrichterin freundlich und auch ganz ohne Talar. Sie wirkt erstaunt, als sie sich noch einmal bestätigen lässt, dass die Vermögensaufteilung im beiderseitigen Einverständnis geregelt wurde. Offenbar nicht der Normalfall. Eine Schlammschlacht ums nicht vorhandene Vermögen bleibt uns dank unserer Vorarbeit mit der öffentlichen Rechtsauskunft jedenfalls erspart.
Dann lässt sich die Richterin noch die einjährige „Trennung von Tisch und Bett“ von uns bestätigen und spricht flugs die Scheidung aus. So einfach geht das - ein einziger Satz, und sieben Jahre Ehe sind vorbei.
Die Angleichung der Rentenanwartschaften wird die Rentenversicherung erledigen. Das bedeutet, dass ich für unsere siebenjährige Ehe monatlich etwa 150 Euro von meiner Rente abtreten muss - ärgerlich für mich, aber im Grunde ein faires Scheidungsrecht.
Was Sylvi findet, ist für mich nicht klar erkennbar. Während der gesamten Prozedur ist sie ausgesprochen wortkarg und überlässt ihrem Anwalt das Reden. Die meiste Zeit starrt sie dabei aus dem Fenster.
Auf dem Flur taut sie dann doch noch auf und lädt mich überraschenderweise auf einen Kaffee ein. Sollte ich den wirklich annehmen? Wie gefährlich kann das schon sein? Aber ehe ich mich versehe, haben die Ereignisse mein Zögern überholt, und ich schließe mich ihr an.
In einem kleinen Bistro nahe dem Gerichtsgebäude sitzen wir dann vor unseren dampfenden Kaffeetassen, sie rührt nervös darin herum, ich schweige mich aus. Das wird mir jetzt doch unangenehm. Ich frage mich, was jetzt wohl noch kommt, halte mich aber vorsichtshalber vornehm zurück.
Vorsichtig beginnt Sylvi zu reden. Sie will sich für alles entschuldigen, was sie seit unserer Trennung so rausgehauen hat. Nicht alles sei so gemeint gewesen, jedenfalls jetzt nicht mehr, wo es ihr besser geht und sie Abstand zu der ganzen Geschichte hat. Sie ist der Meinung, unsere Trennung sei für uns beide besser, als wenn wir zusammen geblieben wären. Ich bin fassungslos und weiß wirklich nicht, was ich darauf antworten soll - also halte ich meinen Mund und starre sie mit einer Miene an, die hoffentlich halbwegs intelligent wirkt.
Dann redet sie einfach weiter, erzählt jede Menge Einzelheiten über ihren neuen Immobilienmakler, die ich gar nicht wissen will - und auch gleich wieder vergesse. Zum Schluss toppt sie ihren Monolog noch mit besten Wünschen für meine Zukunft und dass meine neue Beziehung hoffentlich glücklicher verlaufen möge als unsere. Damit trennen sich unsere Wege und lassen mich ziemlich fassungslos zurück.
Was soll ich denn damit jetzt anfangen? Hätte sie das nicht einfach so lassen können, wie es war? Ich hatte so ein gefestigtes Feindbild - das kriege ich doch nie wieder gerade gerückt. Das kann ich doch niemandem erzählen. … mach ich auch erstmal nicht!
Auf dem Weg nach Hause grüble ich noch etwas über diese seltsame Begegnung der dritten Art sinnfrei vor mich hin. Schließlich beschließe ich, dass mich das nicht weiter aus der Bahn werfen sollte, buche dieses Erlebnis einfach auf das Konto „Erfahrung“ - und drehe das Autoradio lauter.
Irgendwie kenne ich nicht einmal die Menschen in meinem direkten Umfeld genug, um ihre Aktivitäten richtig einzuschätzen - geschweige denn vorherzusagen. Hoffentlich bin ich in meiner neuen Beziehung nicht so blind, dass es stört. Ich beschließe, mich auf meine männlichen Eigenheiten zu konzentrieren und ein Held zu sein, wo immer es geht. Schließlich will ich, dass Eva gerne mit mir zusammen ist und langfristig bei mir bleibt - das wollen wir doch alle. Oder?
Unter dem Strich ist dieses Kapitel meines Lebens jedenfalls abgehakt, und ich bin noch mal mit einem blauen Auge davongekommen. Im Kino läuft gerade „Eine verhängnisvolle Affäre“ - der hat mir einen Heiden-Schrecken eingejagt, offenbar nicht nur mir, sondern jedem Mann, der diesen Film gesehen hat. Insofern war es schon gut, dass Sylvi vom Einsatz ihrer Küchenmesser absah.
Hier rechts geht es zum nächsten Kapitel ➽
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