Zurück in Hamburg - und siehe da: Sylvi ist wie ausgewechselt. Keine miese Miene mehr auf dem Sofa, keine vorwurfsvollen Seufzer, kein Schweigen mit Tonlage. Offenbar hat sie sich während meines Urlaubs emotional stabilisiert - sprich: Sie hat einen Neuen.
Einen Immobilienmakler, wie sie andächtig erzählt. Offenbar einer mit Geld. Sie berichtet in regelmäßigen Abständen, was er ihr alles bietet - von schicken Einladungen bis zum Cabrio-Prospekt. Gott segne die Immobilienmakler.
Also starte ich den nächsten
Versuch: Trennung auf dem offiziellen Weg.
Wir gehen zur
öffentlichen Rechtsauskunft - neutral, sachlich und nüchtern.
Die Anwältin erklärt uns das ganze Elend: Wenn wir uns nicht gütlich einigen, landet der Wert des Hauses im Streitwert. Egal, ob das Haus bezahlt ist oder nicht.
Heißt im Klartext:
Ohne
Einigung wird’s teuer.
Und mit teuer meine ich: ruinös.
Eine faire Lösung wäre möglich -
sagt sie.
Wenn
wir die Gütertrennung ohne Anwälte regeln.
Wenn
wir uns einig werden.
Wenn
niemand gierig wird.
Drei große Wenns und ich ahne, dass mindestens eines davon Sylvi heißt. Ich rechne kurz durch - Ergebnis: Ich bin sowas von am Arsch.
Konfliktlösung ohne Verlierer? Völliges Neuland für mich.
Private Konflikte löse ich normalerweise mit der Faust oder imposanten Drohgebärden - Manchmal auch mit der flachen Hand. Hat bisher meistens funktioniert.
Ernsthafte berufliche Konflikte? Gab es bisher auch nicht. Ich hab sie entweder wegdiskutiert - oder dieses alte Frühlingsgedicht bemüht: „Die Sonne scheint, die Natur ist am sündigen - das ist die richtige Zeit zum kündigen!“
Ein Diplomat war ich nie. Eher ein Haudrauf_und_Schluss.
Konflikte mit Eva? Bisher
nicht.
Konflikte mit Sylvi? Nie lösbar.
Entweder hatte sie
irgendwann ein Einsehen, oder ich hab einfach gemacht, was sie
wollte.
Win-win war das nie. Jetzt also Neuland. Hoffentlich geht das gut.
Zuerst lassen wir die Infos sacken.
Sylvi hatte wohl mit Millionen gerechnet - bis ihr klar wurde, dass das Grundstück gar nicht in die Zugewinnmasse fällt und dass das Haus nicht ihr gehört, sondern einer Hypothek mit 30 Jahren Laufzeit.
Am Ende geht es nur noch um eins: Eine Summe, die ihr das Gefühl gibt, mit Gewinn aus dieser Ehe zu gehen. Traurig, aber offenbar notwendig.
Ich tue etwas, das mir eigentlich komplett gegen den Strich geht: Ich bitte meinen Vater um Hilfe. Ein Unding eigentlich - der Mann hat zugenähte Taschen und das Reflex-Argument immer parat: „wolltest du nicht auf eigenen Beinen stehen?“
Wollte ich auch.
Aber dieses Mal passiert etwas völlig Unerwartetes. Er hört sich alles an - von Anfang bis Ende, schmunzelt und fragt dann nur: „Wie viel brauchst du?“
Ich bin sprachlos.
Es stellt sich heraus, dass er Sylvi noch nie leiden konnte und dass er jetzt alles mobilisiert, um seinen Sohn da rauszuholen. So kann man sich täuschen.
Warum er nie was gesagt hat?
„Wenn ich auch nur einmal meine Abneigung gegen dieses Biest geäußert hätte, wärst du weg gewesen. Deine Erfahrungen musstest du also selber machen.“ Und dann noch ein Nachschlag: „Deshalb haben wir übrigens auch nie was über die Autos gesagt, die nachts auf deinem Parkplatz standen, wenn du unterwegs warst.“
Dazu fällt mir nichts mehr ein.
Ich bespreche meinen Lösungsvorschlag mit Sylvi - verschweige aber, woher das Geld kommt. Ich will ja nicht, dass sie plötzlich unverschämt wird.
Sylvi fordert 18.000 Mark - genau so viel kostet das neue Cabrio, das sie längst bestellt hat. Ich könnte kotzen. Aber ich bleibe still. Irgendwann wird sie sich mit diesem Auto um einen Baum wickeln - und das versöhnt mich dann wieder mit meiner Lage.
Ich weiß. Ich bin manchmal ein Schwein. Aber ich kann halt nicht aus meiner Haut.
Die Trennung regeln wir also mit Hilfe der öffentlichen Rechtsauskunft - für ein paar hundert Mark und um Diskussionen über Teller, Töpfe und Handtücher zu vermeiden, unterschreibe ich etwas, das ich später noch verfluchen werde: Sylvi darf alles mitnehmen, was sie für „ihren eigenen Hausstand“ hält - ohne Beweislast.
Ich weiß. Ich bin ein konfliktscheuer Idiot.
Wenige Wochen später zieht sie in einer Nacht-und-Nebel-Aktion zu ihrer Mutter - und nimmt buchstäblich alles mit, was sie tragen kann: Stühle. Tische. Gardinen. Alle drei Fernseher. Die Radios. Das komplette bewegliche Küchen-Inventar.
Ich frage mich, wo sie das alles unterbringen will. In ihrer Wohnung ist jedenfalls kein Platz dafür.
Ich nenne jetzt noch mein
Eigen:
- einen Topf - ohne Henkel.
- mein Bundeswehrbesteck aus Aluminium.
- meinen Schlafsack.
- und eine Puffmalutze mit Luftnot.
Mein persönlicher Komfort? Tendiert gegen Null. Gut - Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende.
Ob Konfuzius sich das so vorgestellt hat? Ist eine leere Wohnung das Ziel moralisch gereifter Männer? Oder ist sie leer, weil ich es nicht besser verdient habe?
Vielleicht bin ich gar nicht so gut, wie ich von mir denke.
Fragen über Fragen - aber keine Antworten. Ich akzeptiere den Ist-Zustand. Ein Mann macht das halt so. Shit happens. Mal sehen, was Eva zum Stand der Dinge sagt.
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