Kapitel 7 - Neuanfang

 Als Eva von meiner Ausplünderung erfährt, ist sie kurz sprachlos, aber dann bricht sie in schallendes Gelächter aus.

Alles gut“, sagt sie.
„Küchenutensilien hab ich genug. Fernseher auch. Und Möbel kaufen wir halt neu. Der Stallgeruch deiner Ex muss sowieso raus. In ihrem Bett hätte ich eh nie geschlafen.“

Hatte ich mir noch gar keine Gedanken drüber gemacht. Aber sie hat wohl recht.

Ich will im Moment auch gar nicht wissen, welche Ausmaße diese Aktion praktisch noch annehmen wird. Ich bin einfach nur froh, dass mir keine Vorwürfe wegen meiner konfliktscheuen Feigheit um die Ohren fliegen.

Was hab ich bloß für ein Glück mit dieser Frau.

Ich nehme sie in den Arm. Sie schnurrt wie ein Kätzchen, fummelt zärtlich etwas an mir herum - und schon sind die Schmetterlinge wieder da.

Akzeptanz und so:

Meine Eltern haben Eva sofort und ohne jedes Zögern akzeptiert. Sie kannten sie ja schon von früher - aus der Zeit, als sie noch meine Nachbarin war. Herzlich, freundlich, immer hilfsbereit. Meine Mutter behauptet sogar, sie habe schon damals gewusst, dass da mal was laufen wird.

Klar. Jetzt, wo alles raus ist, wussten’s plötzlich alle.

Wir hätten uns den ganzen Umzug sparen können“, sage ich, "wenn mal jemand den Mund aufgemacht hätte."

Jetzt fehlt nur noch die Zustimmung von Evas Eltern. Die wissen bisher nur, dass ihre Tochter ins Rheinland gezogen ist - und dass das weit außerhalb ihres Einflussbereichs liegt. Allein das ist schon ein Problem für sie.

Also ruft Eva an. Verkündet, dass sie bald wieder nach Hamburg zieht. Ihre Mutter ist begeistert - erstmal. Dann kommt die Frage: „Wie heißt der Kerl?“

Und spätestens da kippt die Stimmung - Ich bin nicht der Traum-Schwiegersohn.

Was gegen mich spricht? Ich bin ein Gebrauchter. Und - schlimmer noch - ein alter Knacker. Zehn Jahre liegen zwischen uns. Eva sagt, das sei ihr egal. Ihre Mutter sieht das anders:

Wenn Eva sechzig ist, bist du längst ein Pflegefall.“ - Danke für das Gespräch.

Uns macht der Altersunterschied nichts aus. Was Eva an Jahren fehlt, gleicht sie durch soziale Kompetenz und einen gewissen Hang zu den 68ern wieder aus. Sie ist einfach etwas zu spät geboren für ihre politischen Ansichten - und ich bin ein bisschen zu alt für das, was mir noch alles im Kopf rumschwirrt - passt also.

Kinder? 

Hat keiner von uns auf dem Plan. Eva will Karriere machen - verständlich und ich verspüre auch keinen akuten Fortpflanzungsdrang. Ehrlich gesagt: Ich glaube wirklich, Männer entwickeln erst dann einen Kinderwunsch, wenn ihre Partnerin einen formuliert.

Dann stellt sich sowas wie Solidarität ein, oder - nennen wir’s beim Namen - der Wunsch, nach regelmäßigen Sex.

Man(n) will schließlich gefallen. In unserer Nachbarschaft gibt es dafür genug Beispiele. Da wird mehr zum Zweck gevögelt als aus Überzeugung.

Wir wollen beide ein selbstbestimmtes Leben, darüber haben wir lange und intensiv gesprochen - meist nachts, meist nackt, meist sehr ehrlich und erstaunlich oft derselben Meinung.

Gemeinsame Ansichten, gemeinsame Ziele, körperliche Anziehung, gegenseitiger Respekt. Das Fundament steht. Alles andere kann man draufbauen.

Archaische Hormonausbrüche? Gibt’s bei uns auch. Aber nicht bei Entscheidungen mit Langzeitwirkung.

Kurzfristig hören wir schon mal auf unsere Körper und das ist in der Regel sehr befriedigend. Es müsste mit dem Teufel zugehen, wenn das nicht klappt.

Ziel Nummer eins: meine baldige Scheidung.
Direkt danach: heiraten.

Ja, heiraten. Ich weiß - ziemlich weit weg von „ab und zu mal treffen“.
Aber genauso fühlt es sich an: Richtig. Geplant. Und trotzdem verdammt lebendig.

Wird aber noch dauern. Der nächste Scheidungstermin ist erst in über einem Jahr.

Wenn ich das jetzt so lese, klingt es fast sachlich. Geplant. Kontrolliert. Ist es aber nicht. Ich erzähle diese Geschichte ja erst über dreißig Jahre später. Mit Abstand - klar. Aber damals? War da nichts abgeklärt. Nur Verliebtheit und Hoffnung.

Unsere Pläne entstanden nachts auf zerwühlten Laken, zwischen Gesprächen, Haut und Schweiß. Zwischen Zweifel und Herzklopfen.

Oft haben wir uns gefragt: Täuschen wir uns nicht etwa? Ist diese Übereinstimmung echt - oder einfach nur hormonell bedingt? Vielleicht beides. Vielleicht auch egal.

Wir konnten es jedenfalls kaum erwarten, dass es endlich losgeht. Unser neues Leben.

 

 

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